Ehrenamtlich gegen rechts

 

Über „Hetze“ haben sich die sogenannten „Freien Bürger“ um Fritz Düker und Impfgegner Tom Starke in der Fragestunde des Gemeinderats beschwert. Der Oberbürgermeister solle einschreiten und prüfen, wer „Aufstehen gegen Rassismus Offenburg“ finanziert. Gern sei hier noch einmal mitgeteilt, dass wir uns ehrenamtlich gegen rechts engagieren. Warum tun wir das?

 

Wir als „Aufstehen gegen Rassismus“ wollen, dass die Menschen eine gute Wahlentscheidung treffen können. Deshalb klären wir im Vorfeld der Kommunal- und Europawahl darüber auf, dass einige Kandidierende in der Ortenau undemokratisch, rassistisch, antisemitisch, homophob oder frauenfeindlich sind. Screenshots aus Facebook, Instagram, Twitter (x) und Telegram-Kanälen belegen, dass manche nicht in der Lage und nicht willens sind, demokratisch getroffene Mehrheitsentscheidungen zum Allgemeinwohl mitzutragen. Wir reproduzieren deren Äußerungen, um vor Menschen zu warnen, die sich für ein Amt im Gemeinderat bewerben, obwohl sie  der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ablehnend bis feindlich gegenüberstehen. Damit zeigen wir genau das zivilgesellschaftliche Engagement für unsere Demokratie, das von vielen gerade gefordert wird.

 

Rechtsextremismus ist die größte Gefahr für unser Zusammenleben und zahlreiche Studien belegen, dass rechtsextreme Einstellungen (wie bei der AfD) kein Randphänomen mehr darstellen, sondern längst in der Mitte der Gesellschaft verankert sind. Dabei müssen Menschen nicht insgesamt rechts sein, um den extremen Rechten nahezustehen. Es reicht, wenn ihnen die dort behandelten Themen und die Art und Weise, wie die Rechten Konflikte mit der etablierten Politik suchen, attraktiv erscheinen. Prozesse der Individualisierung lassen viele zudem glauben, dass sie ein Recht auf eine unbegrenzte persönliche Freiheit hätten. Das ist nicht gut für das Klima in der Stadt.

 

Die von uns benannten Kandidierenden stellen sich selbst an den Rand der Gesellschaft, wenn sie zum Beispiel ernsthaft darüber reden, dass die Verfassung von 1871 noch in kraft ist, dass die WHO von Juden gelenkt wird oder dass die Erde eine Scheibe ist – all das wird in Dükers Telegram-Kanälen öffentlich diskutiert und von uns ans Licht getragen. Wenn dann noch Konflikte um Themen, mit denen die extreme Rechte emotional punkten kann, wie Putin als Friedensherrscher, Migration, Umwelt- und Geschlechterpolitik, oder die konkurrierende Abgrenzung nach unten, den politischen Raum dominieren, werden diese für manche so wichtig, dass Widersprüche zur Politik der extremen Rechten in der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft in den Hintergrund treten.

 

Die Kommunalwahl ist eine Persönlichkeitswahl und die Wählerinnen und Wähler sollten wissen, mit wem sie es zu tun haben. Die wenigsten verfolgen den zum Teil rechtsextremen Irrsinn, den zum Beispiel Düker seit der Corona-Pandemie öffentlich bei Telegram verbreitet: Wer sich dort über die FBO informieren will, landet bei Verschwörungserzählern (wie Ken Jebsen), Antisemiten (free Palestine), Russenlandfreunden, Klimaleugnern, dubiosen Medizinprodukten, bei Beiträgen aus rechtsextremen Medien, sogar bei Reichsbürger-Ideologie (z.B. vom Ewigen Bund). Nur wenige wissen auch, dass Taras Maygutiak von der AfD regelmäßig zum Faschisten Bernd Höcke und anderen Rechtsradikalen nach Thüringen reist, um sich dort mit anderen Akteuren der Neuen Rechten auch außerhalb der Partei auszutauschen. Mit unseren Recherchen tragen wir zum politischen Diskurs darüber bei.

 

Mit Rechten selbst ins Gespräch zu gehen, ist zwecklos. Das ist unsere Erfahrung aus den vergangenen zehn Jahren und das zeigt auch die aktuelle Diskussion im Offenburger Gemeinderat, die eben nicht dem konstruktiven Austausch, sondern allein dem eigenen Ego dient. Aus gutem Grund haben es viele Querdenker, Gegner des Impfens und der Pandemiemaßnahmen (Telegramgruppe „Medizinisches Personal Ortenau“), als „Delegitimierer staatlicher Institutionen“ und der repräsentativen Demokratie Eingang in den Verfassungsschutzbericht gefunden. Von diesen Menschen darf niemand erwarten, dass sie sich plötzlich für das Gemeinwohl einsetzen. Sie sind Gegner unserer Verfassung, wähnen sich in einer Dikatur, und haben deshalb im Gemeinderat nichts verloren. Das ist keine Hetze, das ist keine Diffamierung, das ist auf Fakten basierender Wahlkampf. Und der ist nicht nur legitim und legal, sondern auch dringend geboten.